Am Anfang war die Müdigkeit...

 

Personen jeden Alters können von der Pulmonalen Hypertonie betroffen sein. Bergauf gehen, Treppen steigen oder Staubsaugen, schon Alltägliches ist eine grosse Anstrengung. Pausen werden in Situationen eingelegt, in denen andere keine benötigen. Das Umfeld reagiert vielleicht mit Erstaunen und Unverständnis auf die Erschöpfung. Man fühlt sich krank, sieht jedoch gesund aus. Trotz allen Bemühungen führt ein Trainingsprogramm nicht zu einer erhofften Leistungssteigerung. Erst eine weitere Verschlechterung führt zum Arzt. Dort wird die Diagnose „Pulmonale Hypertonie“ leider oft erst nach Monaten oder Jahren gestellt. Man muss nun lernen, dass die Symptome real sind und eine chronische Erkrankung vorliegt. Als Betroffener ist es dabei wichtig, dieses Wissen und die Symptome in den Alltag zu integrieren.


Neuste Updates zu diesem Bericht


Besonders aufgefallen war mir als ich auf meinem täglichen Arbeitsweg eine Treppe nicht mehr so schwungvoll nehmen konnte

Eigentlich weiss ich gar nicht mehr so genau, wann es wirklich angefangen hatte. Es waren einfach so Auffälligkeiten die ich zuvor nicht kannte. Nach einer Impfung mit einem neuartigen Grippeimpfstoff, der in die Nase gesprüht wurde, hatte ich im Herbst 2000 eine Gesichtslähmung bekommen, die mich für einige Zeit im wahrsten Sinne des Wortes „lahmgelegt“ hatte. Nach diesem Vorfall war ich einfach nicht mehr dieselbe. In den Wintersportferien merkte ich, dass ich immer mehr Anstrengung brauchte. Die Spaziergänge im tiefen Schnee und jeder noch so kleine Hang ermüdeten mich. Gut in Erinnerung blieben mir die Winterferien im Februar 2003, als ich mit der Gondelbahn oben auf der Alp ankam, da überfiel mich ein diffuses Schwindelgefühl und Übelkeit. Ganz besonders aufgefallen war mir später, dass ich auf meinem täglichen Arbeitsweg eine Treppe nicht mehr so schwungvoll nehmen konnte wie ich es immer tat.

Beim nächsten Hausarzt Besuch bei einem Lungenspezialisten, wegen meines allergischen Asthmas, habe ich diese Geschichten dann auch erwähnt. Ich fühlte mich einfach eingeschränkt. Nach einem Body-Check mit einer Lungen Funktionsprüfung beruhigte er mich und meinte, dass ich fit sei und ja fast 100% Luft tanken kann und sowieso, viele bekannte Sportler hätten auch Asthma und könnten trotzdem gute Leistungen erbringen. Das wäre heute doch kein Problem mehr, sagte er, und ich sei ja mit den modernsten Arzneimitteln versehen. Ich solle vor der Treppe einfach einen Hub Ventolin inhalieren, dann würde es schon wieder gehen. Halb überzeugt kehrte ich nach Hause zurück – fest entschlossen, mich von der Unbill dieser Krankheit nicht umwerfen zu lassen.



Ich hatte immer Mühe mit den andern mitzuhalten

Im Sommer 2003 waren mein Mann und ich in den Ferien am Meer. Ich konnte trotz der grossen Hitze auf Hügel steigen, ohne diese seltsamen Beschwerden zu haben. Aber kaum war ich wieder zuhause, hatte ich die alten Symptome wieder. Ich litt unter einem Asthma, spürte jedoch eine unerklärliche Verschlechterung meines Allgemeinzustandes. Darauf meinte der Arzt aber nur, dass mir offensichtlich die Meeresluft sehr gut bekam. Ausserdem töne meine Aussage vom Treppensteigen nach „Angina pectoris“ wofür ich jedoch noch viel zu jung wäre.

Bewusst versuchte ich mit Qi Gong etwas Entspannung zu bekommen. Bald aber merkte ich, dass mir stets die Luft fehlte, wenn es bei den Übungen um langes Ein- oder Ausatmen ging. Mit einer Walk Gruppe bin ich dann noch zweimal wöchentlich durch den Sommer gewalkt bis tief in den Herbst hinein. – Doch Ich hatte immer Mühe, mit den andern mitzuhalten.

Im Februar 2004 hatte ich beim Snowboarden einen Zusammenstoss mit einer Skifahrerin. Ich prallte mit den Rippen ziemlich hart auf der eisigen Piste auf, und es heilte nur schwer. In der Folge war ich sehr ungeschickt auf Snowboard und Inlineskates. Ich hatte auch keine Kraft und keine Freude mehr an diesen Sportarten. Genauso machte mir das Fahrradfahren auch bald keinen Spass mehr. Trotz allem meldete ich mich auch dieses Jahr wieder bei der Walk Gruppe an, um einen sportlichen Ausgleich zu haben. Nach den Sommerferien begann ich noch eine Weiterbildung an der Wirtschaftsschule KV Baden in Richtung Verkauf und Marketing, das lenkte mich etwas ab.

Die Herbstferien verbrachte ich mit meiner Freundin auf der griechischen Insel Samos. Im Walk Schritt stiegen wir den Weg durch eine wunderschöne Landschaft den Berg hinauf bis zur Höhle des Pythagoras. Ich war total begeistert über das Geleistete. Die Welt schien für mich plötzlich wieder in Ordnung!

Als Assistentin einer Verkaufsabteilung bei ABB organisierte ich im darauf folgenden November ein einwöchiges Seminar für eine Delegation mit hochrangigen russischen Regierungsvertretern und Beamten. Ich war eine Woche lang Ansprechpartnerin und begleitete die Gruppe während der ganzen Zeit. Ein Ausflug führte uns auf das Jungfraujoch - Top of Europe - auf 3500 Metern über Meer. Auf dieser Höhe hatte ich grosse Mühe, mich normal fortzubewegen, und ich atmete schwer. Ich wollte mir aber auf keinen Fall etwas anmerken lassen.



Sie dachte an Burnout und gab mir die Visitenkarte des Psychiaters

Für das neue Jahr 2005 hatte ich gute Vorsätze gefasst. Mein Mann und ich kauften uns Stöcke für das Nordic Walking - ein effektives Ganzkörpertraining. Wir gingen jetzt oft zusammen walken und es machte sogar Spass. An einem sonnigen Sonntagmorgen im März, als wir uns wieder einmal auf den Weg machten, wurde ich von einem seltsamen Schwindelgefühl befallen. Vorsichtig walkte ich weiter, und nach einer abgekürzten Runde war ich froh wieder zuhause zu sein.

Mitte April besuchte ich mit meiner Arbeitskollegin einen ganztägigen Kurs am anderen Ende der Stadt. Während der Schulung spürte ich plötzlich wie ein eiskaltes Kribbeln das rechte Bein heraufstieg und es mir richtig schlecht wurde dabei. Ich durfte mich in der Folge auf einem Liegestuhl etwas ausruhen und meine Beine hoch legen. Leider half das alles nichts und ich entschied am Nachmittag mit dem Auto nach Hause zu fahren. Aber auf dem Heimweg erfüllte mich nur noch eine riesige Angst mit all dem alleine zu sein. Kurzentschlossen nahm ich den Weg direkt zum Betriebsarzt von ABB, dem Institut für Arbeitsmedizin, in Baden. Da konnte man ohne Anmeldung hingehen. Ich wusste da war ich gut aufgehoben, von dieser Möglichkeit hatte ich doch schon öfters Gebrauch gemacht. Ich wollte mich einfach nur versichern dass mit mir alles in Ordnung war, aber ich weinte verzweifelt als ich der Krankenschwester die Symptome erklärte. Sie sprach vom Burnout Syndrom und gab mir die Visitenkarte vom Psychiater. Sofort leitete sie mich als Notfall weiter zu meinem Arzt, dem Lungenspezialisten, und sie bat mich noch eindringlich ich solle mir doch überlegen die Hilfe des Psychiaters in Anspruch zu nehmen, wenn ich so nicht weiterleben wollte.



Also doch keinen Psychiater!

Der Untersuch beim Lungenarzt irritierte mich schon etwas. Er meinte dass alles in Ordnung sei mit mir, und es könnte mir nicht besser gehen. - Also doch keinen Psychiater! - Der Arzt riet mir zunächst daheim zu bleiben und mich zu schonen. In den folgenden Tagen war ich sehr schwach. Als ich nur einen kurzen Spaziergang ums Haus machen wollte konnte ich bei der geringsten Steigung kaum mehr einen Fuss vor den andern setzen. - Hatte mich die Kraft jetzt ganz verlassen? Beim EKG später wurden leichte Unstimmigkeiten entdeckt und der Lungenarzt sah sich nun veranlasst mich beim Herzspezialisten zur Herzultraschall– Untersuchung anzumelden.

Lange zwei Wochen verstrichen. Ich bekam einfach keinen Termin. Da war wieder einmal etwas schief gelaufen! Nur mit viel Druck konnte ich dann endlich hingehen. Das Herzecho deutete damals schon auf Lungenembolien hin, was ich aber erst im Untersuch ein Jahr später erfahren sollte. Der Arzt beruhigte mich, dass die Beschwerden höchstwahrscheinlich von einer Herzmuskel Entzündung kamen, was jetzt aber nicht mehr so genau nachweisbar wäre. Die meisten Menschen würden davon jedoch nichts merken. Die Hauptbeschwerden aber hatte er meinem langjährigen Asthma zugeordnet. Es war also nichts ernsteres, ich solle ruhig wieder walken gehen, es bestehe kein Problem.



Mich quälte Atemnot und Kraftlosigkeit

Trotz aller guten Vorsätze verschlimmerten sich von nun an meine Atembeschwerden. Bei weiteren Untersuchungen beim Lungenarzt wurden Bluttests gemacht, unter anderem auf versteckte Embolien, was jedoch sehr selten vorkomme. Ich hatte aber nicht darauf angesprochen. Wieder ging ich walken und wieder brach ich fast zusammen, ich hatte einfach keine Kraft mehr und gab jetzt auch noch diesen einzigen Sport auf. Zum Trost hatte ich ja noch die vielen Treppen im Schulhaus, bis zum Schulzimmer im obersten Stock, die ich zweimal wöchentlich zu bezwingen hatte.

Es folgten mal gute und mal schlechte Tage. Im Mai machte mir eine Wanderung über einen Hügel keine Beschwerden. Und im Juni konnte ich bei einer Seilbahn-Bergstation wieder fast keinen Fuss mehr vor den andern setzen vor lauter Schwäche. Ich quälte mich mit Atemnot und Kraftlosigkeit – ich verstand bald gar nichts mehr. Mein Arzt verordnete mir auf eigenen Wunsch eine Kombination von Beta Blocker gegen das starke Herzklopfen bis zum Hals, Johanniskraut gegen Depression und Magnesium, um mich wieder etwas auf die Beine zu bringen. Doch alles wurde immer nur schlimmer, und ich wurde nicht mehr mit der geringsten Anstrengung fertig, obwohl ich früher mehr zu leisten im Stande war als der Durchschnitt. Aber davon auszugehen, dass mein Zustand vor allem das Ergebnis einer grossen Depression sein sollte – nein, unmöglich!



Ich glaubte am nächsten Morgen nicht mehr aufzuwachen

Bei der Arbeit war ich immer so kurzatmig. Wenn ich mich mal erklären musste, konnte ich keinen vernünftigen Satz mehr in einem Atemzug aussprechen. Mir fehlte einfach die Luft dazu. Bei der täglichen Pflege spürte ich, dass ich bereits beim Körper eincremen ziemlich ausser Atem geriet, sogar das Zähneputzen ermüdete mich. Den ganzen Sommer über ging es nun so weiter, die Ferien am Meer halfen mir auch nichts mehr. Ich bewegte mich nur noch sehr langsam fort. Beim Treppensteigen musste ich inzwischen auf jedem Absatz eine Pause einlegen. Mitunter lastete ein grosses Gewicht auf meiner Brust. In der Nacht, besonders vor dem Einschlafen wurde es mir manchmal so schlecht, sodass ich glaubte, am nächsten Morgen nicht mehr aufzuwachen. Niemandem in meiner Umgebung war es aufgefallen, wie es um mich stand. Alle diese Beschwerden hatte ich immer gekonnt vertuscht, und wenn es einmal wirklich nicht mehr ging, rechtfertigte ich dies mit meinem Asthma. Die Situation war erdrückend. Ich wollte nur noch möglichst alle Anstrengungen vermeiden. Auf der Strasse machte ich Umwege, wenn es mal irgendwo eine Steigung gab. Ich nahm den Bus nur schon für die kürzeste Strecke, und anstelle der Treppe nahm ich fortan nur noch den Lift. - Ich begann mich immer mehr zu verstecken.



Die Angst dieser Kraftlosigkeit jetzt ganz ausgeliefert zu sein machte mich unendlich traurig

Ein erneuter Gang zum Lungenarzt Ende November 2005 veranlasste mich ihm mitzuteilen, dass ich ab jetzt alle Medikamente absetzen und nochmals schauen will, wie es mir dann gehe. Ich verabschiedete mich und wollte keinen weiteren Termin, da er mir sowieso nicht mehr helfen konnte. In seinen Augen war ich ja gesund.

Während Weihnachtseinkäufen in Zürich, anfangs Dezember, wurde ich einmal mehr von einem plötzlichen Schwindelgefühl befallen. Ich war der Ohnmacht nahe. Mein Mann brachte mich nach Hause, wonach ich dann noch Schüttelfrost und Fieber bekam. Ich war zwei Tage lang krank und versuchte mich dann auf den dritten Tag einzustellen, an dem ich meine Arbeit wieder aufnehmen wollte. Ich fing langsam wieder an, meinen Haushalt zu erledigen und wollte den Wäschesack aus dem Wäschekorb heben – aber es ging nicht. Ich hatte gar keine Kraft mehr! Die Angst, dieser Kraftlosigkeit jetzt ganz ausgeliefert zu sein, machte mich unendlich traurig. Unter Tränen erzählte ich dies später meinem Mann, der mich zu diesem Zeitpunkt aber auch nicht mehr so ganz verstand, zumal der Lungenarzt immer bestätigen konnte, dass mir nichts fehlte. Von da an hatte sich eine totale Schwäche eingestellt. Beim Gehen konnte ich nur noch allerkleinste Schritte machen. Ich schämte mich schon entdeckt zu werden...



Ich litt an massivsten Lungenembolien, gesammelt über Jahre! Die nächste hätte meinen Tod bedeuten können

Es war meine Schwester Marianne, die mich entdeckt hatte: „Ich war zutiefst erschrocken, ich war in der Stadt zuerst hinter dir, dann neben dir gegangen, ich hatte zuerst gedacht: Nein, das ist nicht meine Schwester! Ich hatte dich ganz langsam und vorsichtig gehen gesehen, und ich wurde wütend, weil ich dir schon ein paar mal gesagt hatte, du sollst zu einem anderen Arzt gehen, und du es nicht gemacht hast, und ich einfach spürte, dass du viel kränker warst als man meinte. Ich glaube, dass dich am Abend dein Schutzengel zu mir nach Hause geführt hat, und ich dich dann fragte, ob ich dich am nächsten Tag bei meinem Arzt anmelden dürfe (du musstest ja auch einverstanden sein), und ich dann bei der Arztgehilfin nachdoppelte, indem ich ihr sagte: Nein, meine Schwester kann nicht erst nächste Woche zu Ihnen kommen, sondern sie muss morgen kommen.“

Zu meinem grössten Glück - wie sich in den darauffolgenden Untersuchungen herausstellen sollte. Denn ich litt an massivsten Lungenembolien, gesammelt über Jahre! Die letzten waren akut, die nächste hätte meinen sicheren Tod bedeuten können!

Die Untersuchungen im Kantonsspital Baden waren am 22. Dezember 2005. Die Lungen Perfusionszintigrafie zeigte das Verteilungsmuster des Blutflusses in der Lunge und Blutgerinnsel im Lungenkreislauf konnten auf diese Art dargestellt werden. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, die ganze Lunge war voll von Embolien. Man wollte kein Risiko mehr eingehen, und ich wurde in einen Rollstuhl gesetzt und sofort in die Notfall Aufnahme des Spitals gebracht, wo man auch gleich mit der Blutverdünnung (Antikoagulation) begann. Ich bekam Sauerstoff, und endlich konnte ich meine Familie benachrichtigen. Alles ging so schnell, es war wie im Traum. Die Diagnose war gestellt. Anfangs war ich erleichtert. In den Jahren zuvor war ich also weder depressiv noch verrückt! 

Am Abend des 24. Dezember 2005 wurde ich wieder aus dem Spital entlassen und konnte glücklich im Kreise meiner Familie Weihnachten feiern. - Durch das schnelle Handeln meiner Schwester wurde mir also das Leben gerettet und ich war das grösste Weihnachtsgeschenk!



Es kam jetzt öfters zu Beinahe-Ohnmachtsanfällen wobei ich wieder einmal beim Notfallarzt landete

Im Februar 2006 war ich bereits acht Wochen antikoaguliert. Eigentlich sollten die Embolien langsam verschwunden sein. Ich arbeitete schon wieder zu 80%, da mir der neue Hausarzt sagte, ich solle mich nicht „verinvalidisieren“. Leider spürte ich gar keine Erleichterung. Alles fiel mir schon wieder genau so schwer wie vorher. Immer wieder überfielen mich diese Schwindelgefühle. Es kam jetzt auch öfters zu Beinahe-Ohnmachtsanfällen, wobei ich wieder einmal bei einem Notfallarzt landete. Dieser nahm mich aber nicht wirklich ernst und gab mir Beruhigungstabletten. Mein Hausarzt überwies mich in der Folge zum Herzultraschall Untersuch, wo der Herzspezialist mir dann auch gleich das Ergebnis eröffnete. Er berichtete mir, dass die Untersuchung vor einem Jahr eigentlich schon darauf hingedeutet hätte, aber leider falsch interpretiert wurde. In den Lungenarterien hatte er neu einen ziemlich hohen Blutdruck von 65 mmHG gemessen, verursacht durch die Verstopfungen der Embolien, die keineswegs verschwunden waren. Demzufolge litt ich also unter einem schweren Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie). Der Begriff Bluthochdruck beruhigte mich vorerst, klang vertraut. Schliesslich wird Bluthochdruck ja mit blutdrucksenkenden Medikamenten behandelt - oder nicht?



Pulmonale Hypertonie! Nur hatte keiner in meinem Bekanntenkreis jemals von Pulmonaler Hypertonie gehört

Nur zwei Tage später erlitt ich vor dem Bettgehen einen starken Bluthusten begleitet von einem lauten Rasseln in den Atemwegen. Die Situation war beängstigend. Nach mehreren Anfällen, die nur schwer zu stillen waren, kam ich wieder auf die Notfallstation des Kantonsspitals in Baden, wo die erhöhte Blutungsneigung innert kurzem Zeitraum aufgehoben wurde. Ich wurde mehreren Untersuchen unterzogen. Computertomografisch konnten keine neuen Embolien gefunden werden. Die Bronchoskopie zeigte keinen Hinweis auf eine Blutungsquelle. Zudem wurde der ganze Bauchraum mit Ultraschall erfolglos nach Tumoren abgesucht. Keiner der behandelnden Ärzte wusste zu diesem Zeitpunkt von der Pulmonalen Hypertonie. Erst als mein Hausarzt den Bericht des Herzspezialisten bekam, setzte er sich sofort mit mir telefonisch in Verbindung, ohne zu Wissen, dass ich bereits im Spital lag. – Pulmonale Hypertonie! Nur hatte keiner in meinem Bekannten- oder Familienkreis jemals von Pulmonaler Hypertonie gehört. Nicht ein einziger kannte jemanden, der darunter litt. Auch in den Zeitungen wurde niemals davon gesprochen. Mein Problem war ernst. Die Behandlung überstieg die Kompetenzen der Ärzte im Kantonsspital. Ich musste für eine umfassende Bilanz in ein Universitätsspital, das mir dann vielleicht eine Therapie vorschlagen kann.



Es gibt eine Sprechstunde für Pulmonale Hypertonie am Universitätsspital in Zürich

Ich war drei Wochen im Kantonsspital und kam noch zwei Wochen zur Rehabilitation nach Davos, wo ich lernte mit dieser Krankheit umzugehen. Ich musste erkennen, wo meine Grenzen lagen. Gleichzeitig begann ich eine angemessene Physiotherapie. Erst im April 2006 kam ich ins Universitätsspital Zürich in die Sprechstunde der Pulmonalen Hypertonie von Prof. Rudolf Speich, wo man sich meiner Krankheit annahm. Plötzlich wurde ich verstanden, und die Leute wussten alle bestens Bescheid über diese seltene Krankheit und deren Symptome. Endlich war ich gut aufgehoben. Ich wurde darüber aufgeklärt, dass ich nicht geheilt werden kann. Aber man will noch eine Weile abwarten, ob die Embolien unter der Blutverdünnung nicht doch verschwinden. Ich musste einen ersten 6-Minuten-Gehtest in einem Rundkurs durch den Spitalflur machen und sollte dann in drei Monaten wieder kommen.



Der diagnostische goldene Standard ist unzweifelhaft der Rechtsherzkatheteruntersuch

Nachdem im Juli 2006 die Symptome nicht geringer geworden waren, lud man mich im August zu weiteren Untersuchungen ein, die für mich wegweisend waren. Eine Lungen Perfusionszintigrafie sollte zeigen, ob sich erneut Embolien gebildet haben. Für die Herzkatheteruntersuchung landete ich auf der Intensivstation, wo man unter sterilsten Bedingungen die Druckmessung sowie Testung der Reversibilität unter Einnahme von Medikamenten vornahm. Bei der Pulmonalis Angiografie wurde festgestellt, wo die Embolien liegen und ob eine Operationsmöglichkeit besteht. Die Untersuchungen zeigten aber gute Aussichten auf eine medikamentöse Behandlung. Ich litt jetzt also an einer chronischen thromboembolischen pulmonalen Hypertonie (CTEPH) auf der Basis rezidivierender d.h. wiederkehrender Lungenembolien, und ich benötigte von nun an eine Dauerantikoagulation (Blutverdünnung). Ausserdem wurde eine Therapie mit Sildenafil (Viagra) und einer kleinen Dosis Diuretikum (Wassertabletten) angefangen.

Die Besserung war nicht wirklich unmittelbar. Einen Monat später aber fühlte ich mich wieder etwas leistungsfähiger. Mitte September konnte ich wieder zu 20% mit Arbeiten beginnen.



Mein Leben ist nicht mehr so wie früher...

Ich kann nicht sagen, dass ich mein Leben wie früher lebe. Ausflüge in die Berge gibt es nicht mehr so häufig. Mit der Einhaltung bestimmter Vorsichtsmassnahmen komme ich aber gut im Alltag zurecht. Ich glaube, man merkt es mir nicht an, dass ich keine Anstrengungen mehr vertrage. Ich habe jetzt ein Elektro-Fahrrad, mit dem ich wieder mühelos Touren fahren kann. Flugreisen sind für mich kein Problem. - Meine oberste Priorität ist eine gute Lebensqualität.

Inzwischen ist mir auch bewusst geworden, dass nicht nur ich diese Krankheit habe. Ich habe mich der Selbsthilfegruppe www.lungenhochdruck.ch angeschlossen und einige Personen persönlich bei Treffen kennengelernt. Im Internet, unter dieser Adresse, habe ich viele Berichte unter anderem auch von Patienten ausfindig gemacht.

Die Bilder der Pulmonalisangiografie wurden von Prof. Dr. Eckhard Mayer, Thoraxchirurg aus Mainz / Deutschland beurteilt. Er hat die von den Embolien verstopften Lungenarterien als operabel befunden, diese Option wurde mir im November 2006 mitgeteilt. Ein persönliches Informationsgespräch mit dem erfahrenen Operateur Prof. Dr. E. Mayer hat dann im November 2007 stattgefunden. Bis heute konnte ich mich jedoch nicht für diese schwierige und gefährliche Operation entscheiden. Der Gedanke daran ist für mich einfach unvorstellbar.

Der letzte Untersuch im November 2008 hat ergeben, dass mein Zustand unter der medikamentösen Behandlung erfreulicherweise stabil blieb. Der 6-Minuten Gehtest war durch all diese Jahre konstant bei rund 600 Metern. Auch das Herzecho blieb unverändert. Seit August 2008 bin ich bei der Kranken Taggeld Versicherung ausgesteuert. In der Folge wurde mein Arbeitsvertrag  von 100% auf 20% abgeändert. Aufgrund der Verteilung meines Arbeitspensums auf zwei halbe Tage in der Woche und des entsprechenden Arztzeugnisses vom Universitätsspital hat mein neuer Vorgesetzter bei ABB nunmehr kurzerhand entschieden, mich nach zwölf Jahren nicht mehr weiter in seiner Abteilung zu beschäftigen. Infolge der nicht sehr günstigen Wirtschaftslage wird mir jedoch so kurzfristig keine andere Stelle bewilligt, sodass ich schweren Herzens erwäge, meinen Arbeitsvertrag aufzulösen und neue Wege einzuschlagen.


Ich wünsche mir sehr, dass alle an Pulmonaler Hypertonie erkrankten Personen ihr Leiden schneller diagnostiziert bekommen als es bei mir der Fall war. Und dass sie mit dieser seltsamen und unbekannten Krankheit nicht alleine dastehen, sondern von jenen die diese Krankheit kennen mit Rat und Tat unterstützt werden.


«Februar 2009»








Stille Momente...

„Die Stille stellt keine Fragen, aber sie kann uns auf alles eine Antwort geben.“ -Ernst Ferstl

Sie gaben meinem Leben eine grosse Wende. Denn nicht das Hindernis zählt, sondern wie ich es überwinde. Nachdem ich in aller Ruhe meine Krankheitsgeschichte niedergeschrieben und im März 2009 auf der Webseite vom Schweizer PH-Verein veröffentlicht hatte, um auch anderen Betroffenen mit meiner Geschichte zu helfen, kündigte ich alsbald meine Arbeitsstelle. - Ich war in der glücklichen Lage sofort mit dem Arbeiten aufhören zu können. - Dann schuf ich mir ein ruhigeres Leben mit einigen Inseln der Erholung und versuchte dabei nur noch die angenehmen Seiten meiner Leidenschaften zu geniessen. Wenige Monate später hat mir die Invaliden Versicherung endlich eine Rente zugesprochen, somit waren die quälenden Existenzängste vorbei. Auch die Sorge „unnütz“ geworden zu sein verflog almählich als ich mich an meine kreative Ader erinnerte und anfing mich wieder kunsthandwerklich zu betätigen.


Schmuck

Knetmasse aus farbigem Kunststoff, die sich im Ofen härten lässt, hat mich schon seit einiger Zeit fasziniert. Die Bearbeitungstechniken sind bei diesem Material grenzenlos. Ich gestalte in feiner Handarbeit Perlen in der „Millefiori“ Art (eine Nachahmung der weltberühmten italienischen Glasperlen aus Murano) und schaffe daraus edle Halsketten, Armbänder und Ohrringe ergänzt mit ausgesuchten Glasperlen und Silberteilen. Und während ich jeweils still und zufrieden da sitze und meine bunten Perlen entstehen lasse kann ich rundherum alles vergessen und voll in mir aufgehen, oder aber es gibt mir die Zeit um über etwas in aller Ruhe nachzudenken. Was auch immer - es ist gut für meine Seele.


Malen

Der Zufall wollte es dass sich im Herbst 2009 in der Stadt mein Weg mit einer sympathischen Künstlerin kreuzte. Nach einem kurzen Gespräch schon fanden wir so viele Gemeinsamkeiten dass Sie mich just zu einem Streifzug durch ihre ganz besondere Farbwelt im nahegelegenen Atelier einlud, wo sie mir ihre Acrylbilder auf riesigen Leinwänden vorführte und mir sogar noch anbot bei ihr zu malen. Sie schleifte mich anschliessend noch mit zu der Praxis ihres Mannes - einem Lungenarzt (oh, hätte ich doch diese Frau früher kennen gelernt!) - wo sich ihre Kunstgalerie befand und sie mich mit vielen Ideen und einem dicken Katalog von Malutensilien eindeckte. Was für ein farbiger Tag! Voller Lust liess ich in der Folge meine ersten Gemälde entstehen welche schon zu wahren Kunstwerken wurden. Diese Bilder sind lebende Werke an denen ich ständig Änderungen anbringen kann. Der Ehemann von meiner neu gewonnenen Freundin ist übrigens heute mein Lungenarzt zu dem ich viel Vertrauen habe.


Reisen

Oder wie es die Worte des chinesischen Philosophen Lao Tzu ausdrücken: "Eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem einzigen Schritt". Genau ein Jahr nach der CTEPH-Diagnose besuchte ich - mit guter Medikation versehen - zusammen mit meinem Mann unseren Sohn Moritz der gerade in San Diego, Kalifornien, USA ein Studium absolvierte. Es war mein erster Flug über den grossen Ozean - ohne zusätzlichen Sauerstoff ein Geschenk. Mein Mann und ich besuchten in den Jahren darauf mit grosser Lust die schönsten Nationalparks Nordamerikas. Und so haben diese Parks, die mich mit ihrer ganzen Schönheit entzücken und mit ihrem Frieden erquicken, noch ein weiteres Geschenk für mich bereit: Sie sind die Bühnen die mich tiefer in die Natur blicken lassen und mir zeigen was sie für meine Seele bedeutet. Die letzten Road-Trips mit dem Wohnmobil oder dem Mietwagen durch den wilden Südwesten der USA habe ich in Reisebericht und Tagebuch festgehalten. Ich kann es jeweils kaum erwarten bis meine nächste Reise beginnt.


Webseite

Die Freude am Erstellen und Gestalten meiner eigenen Webseite, die Lust am Schreiben - über meine künstlerischen Tätigkeiten und die Reisen - haben mich dank meiner Krankheit dazu gebracht mich auf dieser neuen Plattform zu bewegen.


«März 2011»


                                                               

„Zuerst dachte ich, es hätte alles mit Asthma zu tun. Ich hatte die verschiedensten Sportarten ausgeübt. Aber mit allem hatte ich so meine Mühe. - Es fiel mir einfach alles schwerer als den andern...“