Pulmonale Hypertonie

 

Ein oft vergessenes Krankheitsbild Pulmonale Hypertonie

Die Pulmonale Hypertonie ist eine Krankheit, die sich durch einen erhöhten Blutdruck in den Lungenarterien präsentiert. Im Vergleich zum Blutdruck im grossen Körperkreislauf der etwa 120/80 Millimeter mmHg beträgt ist der normale Blutdruck im kleinen Lungenkreislauf in Ruhe nur etwa 20/8 mmHg. Von einer Pulmonalen Hypertonie spricht man dann, wenn der mittlere Blutdruckwert im Lungenkreislauf über 25 mmHg ansteigt.

Der Krankheitsprozess beginnt mit Veränderungen an der Innenwand der Lungenarterien und/oder durch Verstopfung derselben durch Gerinnsel. Ein komplexes Wechselspiel wird gestört, welches schützende und schädigende Gewebshormone (Thromboxan, Prostacyclin, Endothelin) beim Gesunden im Gleichgewicht hält. Mit der Zeit kommt es zu Vernarbungen der Arterien, die steif werden und sich weiter verdicken. Einige Gefässe verschliessen sich gar vollständig. Zusätzlich steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich in den kleineren Gefässen neue Blutgerinnsel bilden. Die verengten Lungengefässe durchfliesst nur unter sehr hohem Druck ausreichend Blut und so wird auch die Sauerstoffversorgung des Körpers gestört. Zunächst kann der Körper das verminderte Angebot ausgleichen, doch als Reaktion wird der Herzmuskel der rechten Herzkammer dicker (Hypertrophie). Die überanstrengte rechte Herzkammer wird zunehmend schwächer und kann nicht mehr genug Blut in die Lungen pumpen. Das „Rückschlagventil“ der Trikuspidalklappe vermag sich nicht mehr zu schliessen, und es kommt zu einem Rückstau des Blutes in den Körpervenen und einer Einlagerung von Flüssigkeit in den Geweben (Oedeme) und im Bauchraum (Aszites). Das Absinken der Pumpleistung des rechten Herzens wirkt sich auch auf die Funktion des linken Herzens aus, das nicht mehr genügend Blut erhält, wodurch es zu einer Verminderung der Durchblutung und damit auch der Sauerstoffversorgung der Organe kommt. Mit der Zeit kann die rechte Herzkammer gar vollständig versagen, was zum Tode führt.



Symptome

Die Symptome der Pulmonalen Hypertonie sind leider sehr uncharakteristisch. Auch in den fortgeschritteneren Stadien können die Krankheitssymptome und -zeichen mit anderen Lungen- oder Herzleiden verwechselt werden. Daher kann von den ersten Symptomen bis zur definitiven Diagnose oft viel Zeit vergehen. Einige Patientinnen und Patienten mit Pulmonaler Hypertonie suchen erst dann die Ärztin oder den Arzt auf, wenn sie ihr tägliches Leben nicht mehr meistern können. Die Hauptsymptome der Pulmonalen Hypertonie, beziehungsweise der Folgeerscheinungen einer dauernden Belastung des rechten Herzens sind nachfolgend aufgeführt:


  1. Allgemeine Müdigkeit, gelegentlich sogar Depression

  2. Atemnot bei Anstrengung (Dyspnoe), welches oft als „nicht mehr in Form“missinterpretiert wird

  3. Schwindel und Benommenheit

  4. Schneller Puls (Tachycardien)

  5. Ohnmachtsanfälle (Synkopen)

  6. Hustenreiz bei Anstrengung und chronische Heiserkeit

  7. Schwellungen der Fussgelenke oder Beine (Ödeme) und auch im Bauchraum (Aszites)

  8. Blauverfärbung von Lippen und Haut (Zyanose)

  9. Schmerzen auf der Brust (Angina pectoris)



Untersuchungen

Lungenperfusionszintigrafie: Eine Lungenperfusionsszintigrafie zeigt das Verteilungsmuster des Blutflusses in der Lunge. Blutgerinnsel im Lungenkreislauf können auf diese Art dargestellt werden. Bei der Perfusionsszintigrafie injiziert man eine schwach radioaktive Substanz in die Vene, kurz darauf wird die Lunge nach radioaktiver Strahlung durchsucht. Durch Blutgerinnsel vom Blutfluss ausgesparte Lungenareale zeigen sich als helle Areale in den Bildern. Bei der Pulmonalen Hypertonie zeigen sich zwei Muster der Pulmonalen Durchblutung: eines entspricht im wesentlichen einer normalen Blutverteilung bei Pulmonaler Arterieller Hypertonie (PAH), das andere zeigt fleckige Veränderungen im Blutfluss bei Chronisch-Thrombo-Embolischen Pulmonalen Hypertonie (CTEPH). Der Hauptgrund für die Durchführung einer Lungenperfusionsszintigrafie liegt darin, Fälle mit Pulmonaler Hypertonie wegen Blutgerinnseln im Lungenkreislauf (CTEPH) von den übrigen mit PAH abzugrenzen, da für die ersteren allenfalls eine Operationsmöglichkeit besteht.

Pulmonalis Katheter: Durch eine Herzultraschalluntersuchung (Echokardiographie) kann die Krankheit Pulmonale Hypertonie festgestellt werden. Dieses Wissen allein reicht nicht aus um eine individuelle Therapieempfehlung auszusprechen. Insbesondere können die Herzleistung (Herzminutenvolumen) und andere Kreislaufgrössen eine wesentliche Bedeutung in prognostisch-therapeutischer Hinsicht haben. Deshalb wird ein sogenannter Pulmonaliskatheter (Rechts-herzkatheter) notwendig. Die dabei ermittelten Werte helfen den Schweregrad der Krankheit und die Reaktionen auf Medikamente genau zu bestimmen. Ein Rechtsherzkatheter muss unter sterilen Bedingungen im Spital durchgeführt werden. Nachdem die Einstichstelle an der Leiste oder am Hals örtlich unempfindlich gemacht worden ist, kann ein Katheter eingeführt und durch die rechten Herzkammer bis zur Lungenarterie (Pulmonalisarterie) vorgeschoben werden. Zunächst werden Ausgangswerte erfasst, wobei die Höhe des Lungendruckes, der Widerstand, den die Gefässe dem Blutfluss bieten und die Blutmenge, die das Herz pro Minute pumpt, gemessen werden. Für die Krankheitsbeurteilung ist dies sehr wichtig. Ein weiterer kleiner Katheter wird im Arm platziert so können Blutdruck und Sauerstoffgehalt im Blut festgestellt werden. Hat man die Ausgangswerte erfasst, können Medikamente ausgetestet und deren positive und negative Auswirkungen beobachtet werden. Nur so kann ein individueller Therapievorschlag gemacht werden.

Pulmonalis Angiographie: Diese Untersuchung wird angewendet um durch eine Kontrastmitteldarstellung der Lungengefässe auch kleinere Lungenembolien sichtbar zu machen. Bei der Pulmonalen Hypertonie ist sie nur notwendig, wenn die Lungenperfusionsszintigraphie gröbere Veränderungen des Blutflusses zeigt. Durch die Untersuchung wird festgestellt, wie ausgedehnt der Befall mit Lungenembolien ist, und insbesondere, wo diese sich befinden, ob eher in den kleineren Ästen der Lungenarterien oder in den grösseren, herznahen Gefässen, und ob somit vielleicht eine Operationsmöglichkeit besteht.



Therapie

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch keine heilende Therapie. Die oberste Priorität ist die Verbesserung der Lebensqualität. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann schon eine Verlangsamung des Krankheitsprozesses als Therapieerfolg angesehen werden. Um dieses zu erreichen setzt man unterschiedliche Medikamente ein. Es gibt auch einige vielversprechende Forschungsprojekte, auf deren Ergebnisse gespannt gewartet werden kann. Medikamente neuerer Wirkungsgruppen befinden sich in der Zulassungsphase und schaffen grössere Therapiemöglichkeiten, die den Betroffenen zugute kommen werden.

Blutverdünnung (Marcumar) gehört in der Regel zur Basistherapie der Pulmonalen Hypertonie. Dieses Medikament vermindert die Tendenz des Blutes zur Gerinnung und lässt dadurch das Blut leichter zirkulieren.

Sildenafil (Viagra) Es wurde – wie aufgrund seiner Wirkungsweise zu vermuten war – festgestellt, dass Sildenafil  den Druck in den Lungenarterien senken kann.

Diuretika (Wassertabletten) vermindern den Wassergehalt im Körper und reduzieren daher die Arbeit des Herzens.

Sauerstofftherapie zählt auch zur Basistherapie.



Chirurgische Option

Thrombendarteriektomie: Für Patienten, die nach Lungenembolien die Pulmonale Hypertonie entwickelt haben, gibt es unter Umständen die Möglichkeit die in den Gefässwänden festsitzenden Blutgerinnsel operativ zu entfernen. Es handelt sich um eine schwierige und gefährliche Operation, die nur von wenigen Spezialisten gut durchgeführt werden kann. Eine erfolgreiche Operation führt zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität und oftmals zu einer normalen Leistungsfähigkeit, doch eine lebenslange und intensivere als übliche Blutverdünnung ist unbedingt notwendig.





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